Luxus-Sonnenbrillen:
Soviel zahlen Sie für den Namen

Mailand und Shopping – das gehört zusammen, stand für Regina S. (36) bei ihrer Stippvisite in der italienischen Modemetropole fest. „Aber ich fühlte mich zu dick, um was zum Anziehen zu kaufen, da musste es eben die Luxussonnenbrille sein“. 230 Euro blätterte sie für ein Modell aus dem Hause Fendi hin. „Ich finde es nicht schlecht, wenn der Name draufsteht“ gesteht sie und: „Der Wert der Brille steigert sich für mich noch dadurch, dass ich sie in Mailand gekauft habe.“ Falls sie kein Plagiat erstanden hat, kann Regina S. zumindest sicher sein, dass ihr Nobelaccessoire ihre Augen schützt. Recherchen zur Qualität von Material und Verarbeitung von Sonnenbrillen zeigen jedoch: Ein hoher Preis garantiert noch nicht die Hochwertigkeit.

Die Preisklasse ist Markensache

Ein staatlich geprüfter Augenoptiker und Augenoptikermeister aus dem Kölner Umland nimmt sich exemplarisch das schlichte Modell einer Edelmarke vor. In seinem Laden kostet das Accessoire 216 Euro. In großen Lettern ziert der Markenname die Bügel. „Bei der zahlen Sie 150 Euro für den Namen,“ schätzt er spontan aus dem Bauch. „Wenn das eine No-Name-Brille wäre, würde ich die nie kaufen.“ Zum Vergleich präsentiert er ein 248 Euro teures Modell der gleichen Nobelmarke. „Bei der zahlen Sie vielleicht nur 50 Euro für den Namen.“ Die Fassung und die eingearbeiteten Verzierungen auf den Bügeln zeugten von teuren Materialien und aufwendiger Verarbeitung. Im Einkauf habe ihn das günstigere Modell zwischen 110 und 130 Euro gekostet, das teurere zwischen 120 und 140 Euro, wird es später verraten. Auch Optiker wollen etwas verdienen. Ein Sonnenbrillen-Händler, der beide Modelle führt, bestätigt, dass das teurere Modell viel hochwertiger sei. „Eine Mischkalkulation“ vermutet er: Innerhalb einer Preisklasse kalkuliere man für ein hochwertiges Modell einen kostendeckenden Preis, dafür spare man bei einem anderen Modell am Material und verdiene viel am Namen.

Jede Marke habe nun mal ihre Zielgruppe mit den dazugehörigen Preisklassen, vermutet eine Augenoptikerin aus Köln. „Eine Prada für 100 Euro, das geht doch nicht.“ Die Definition von „Luxus“ sei schließlich eine ganz subjektive. „Für den einen ist eine 120 Euro teure „Ray Ban“ Luxus, eine Prada-Käuferin würde sich mit Ray Ban nicht abgeben.“

Peter Frankenstein, Leiter des Fachverbands „Consumer Optics“ im „Deutschen Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien (Spectaris)“ hält es jedoch für unwahrscheinlich, dass die Sonnebrille einer Luxusmarke von minderwertiger Qualität sein könnte. „Das kann ich mir nicht vorstellen“ reagiert er auf das Beispiel der 216-Euro-Luxussonnenbrille, die laut Einschätzung des befragten Optikers „vielleicht 20 Euro“ Produktionskosten verschlungen hätte. Die Hersteller der Sonnenbrillen, so Frankenstein, seien nicht nur in Sachen Design sondern auch in Qualität an die Vorstellungen der Modedesigner gebunden. Letztere lassen sich das Recht auf Herstellung und Verkauf ihrer Luxusbrillen teuer von den Herstellern bezahlen: Sie verkaufen entsprechende Lizenzen.

Herstellungskosten unter Verschluss

Fünf Brillenhersteller mit Hauptsitz in Italien beherrschen den internationalen Markt für Sonnenbrillen: Luxottica, Safilo, Marcolin, De Rigo und Allison. Weltmarktführer Luxottica produziert unter anderem die Sonnebrillen der Label Chanel, Dolce & Gabbana, Prada und Versace, Persol, Ray Ban und Bulgari. Auf rund einem Viertel aller Sonnenbrillen ab 250 Euro aufwärts, die auf dem westeuropäischen Markt (Spanien, Frankreich, Italien, Deutschland und England) verkauft werden, steht „Bulgari“. Safoli hat Label wie Armani, Dior und Gucci unter Vertrag. Millionenbeträge sollen die großen Hersteller in das exklusive Recht investieren, die Nobelmarkenbrillen zu produzieren und zu verkaufen. Lizenzgebühren und die Investitionen ins Marketing seien die mit Abstand größten Kostenfaktoren bei der Preiskalkulation, weiß Peter Frankenstein. Die Produktionskosten von Luxussonnenbrillen und die Inhalte der Lizenzverträge seien freilich die bestens gehüteten Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen, wie der Branchenkenner klarstellt. Tatsächlich blieben entsprechende Nachfragen bei großen Sonnenbrillenherstellern unbeantwortet. Regina S. jedenfalls will es gar nicht genau wissen. Selbst, wenn sich herausstellen würde, dass sie für ihre Fendi zu viel bezahlt hätte: „Ich würde es wieder tun.“

(Dieser Beitrag ist online nicht mehr abrufbar. Er erschien im Jahr 2008 im Online-Portal Frauenzimmer.de, das zum Beginn des Jahres 2018 endgültig offline ging).

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